Torsten Sandau bietet Begleitung, Beratung und Bildung an. So begleitet und berät er als Supervisor auch die Calando Pflegedienst GmbH. Wir waren mit ihm im Gespräch und durften neben dem Werdegang auch viele Hintergrund Infos zu Werten und Visionen erfahren. Ein wirklich sehr interessantes Interview, was wir euch sehr ans Herz legen. Viel Spaß!
Hallo Herr Sandau, Sie sind Supervisor beim Calando Pflegedienst. Was kann man sich darunter vorstellen?
Herr Sandau: Supervision kommt ursprünglich aus dem Bereich der sozialpädagogischen und beratend-therapeutischen Arbeit und ist ein professionelles Beratungs- und Begleitungsformat. Es dient der professionellen Reflexion des beruflichen Handelns und seiner Wirkung mit Hilfe einer externen Supervisor*in. Es dient dem Beleuchten von Arbeitsbeziehungen (mit den Klient*innen, im Team, im Unternehmen / in der Organisation), der Orientierung und Stabilisierung in Veränderungssituationen, der konstruktiven Bearbeitung von Konflikten, der Klärung und dem Finden von geeigneten Umgangsweisen und Lösungen zu bestimmten Problem- und Fragestellungen.
Supervision unterstützt die Qualitätssicherung und -entwicklung. Es kann aber auch der emotionalen Entlastung und Psychohygiene dienen, z. B. wenn Menschen mit sehr herausfordernden Situationen und Personen zu tun haben. Es werden bestimmte Themen entsprechend Auftrag genauer ‚unter die Lupe genommen‘, aus verschiedenen Perspektiven und auf verschiedene Art betrachtet. Es gibt Supervision für Einzelpersonen (Mitarbeiter*innen und Führungskräfte), für Teams, Projekte und Gruppen (z.B. für Ausbildungsgruppen, Führungskräfte und Mitarbeiter*innen aus unterschiedlichen Teams, Projekten).
Ok, es geht also um Beratung und Begleitung und darum, wie ein Team aufgestellt ist, welche Herausforderungen es gibt und wie mit diesen umgegangen werden kann, richtig?
Herr Sandau: Wenn es um Teams geht, kann man dies so sagen, richtig. Supervision und Coaching unterstützen die Teambildung und Teamentwicklung. Die konkreten Themenbereiche und -schwerpunkte für Supervision können sich je nach Teamsituation aber unterscheiden. Es kann um Kommunikation, Rollen, Aufgabenverteilung, Strukturen, Entscheidungsprozesse, Vision, Ziele, Werte, Leitbild, den Umgang mit Klient*innen, hoher Arbeitsbelastung, Spannungen, Konflikten, Veränderungen, Herausforderungen, Krisen, verschiedenen Persönlichkeiten, Arbeitsweisen und Haltungen gehen.
Und darum geht es auch bei der Arbeit mit dem Calando-Pflegeteam? Oder mit welchem Anliegen ist Calando auf Sie zugekommen?
Herr Sandau: Teilweise. Herr Quaas, der Leiter des Calando Pflegedienstes, war auf der Suche nach einem Supervisor und Coach und ist im Internet auf mich gestoßen. Wir haben dann zunächst ein Kennlern-Treffen vereinbart und die Themen sowie Anliegen besprochen. Anschließend zeige ich dann meistens mögliche Schritte und eine Vorgehensweise auf. Bei Calando ging es dann mit einer ersten Teamsupervision los.
Worum ging es bei dieser Supervision und was waren oder sind die nächsten Schritte mit dem Team des Calando Pflegedienstes?
Herr Sandau: (lacht) Details kann und möchte ich natürlich nicht verraten. Wir Supervisor*innen und Coaches unterliegen einer Schweigepflicht. Aber bei dieser ersten Supervision mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen von Calando – soviel kann ich verraten – ging es zunächst um gegenseitiges Kennenlernen und Orientierung zur Supervision. Dann wurde eine „Themenlandkarte“ für gewünschte Supervisions-Themen in den Folgesitzungen erarbeitet. Es ging dabei um Themen zur Arbeitsweise, Umgang mit Klienten, zur Zusammenarbeit im Team (z.B. Kommunikation) und zum Unternehmen insgesamt (z.B. Weiterentwicklung des Unternehmens).
In den folgenden Teamsupervisionen haben wir dann an einzelnen Themen von der „Themenlandkarte“ gearbeitet. Parallel zu den Teamsupervisionen gab es später das Angebot an die Pfleger und Pflegerinnen sowie die Kolleg*innen aus dem administrativen Bereich auch Einzelsitzungen zu individuellen (berufsbezogenen) Themen mit mir zu vereinbaren, was auch in Anspruch genommen wurde. Ich finde das im Übrigen ein tolles Angebot vom Unternehmen.
Ende Juni kam es dann zu einem Workshop, welcher die Neugestaltung der Teamstruktur sowie das Visionsprojekt der Tagespflege zum Inhalt hatte. Hierbei habe ich unterstützend mitgewirkt, vereinzelte Parts in Abstimmung mit Herrn Quaas übernommen und verschiedene Impulse gesetzt. Im September folgte dazu eine zweistündige Projekt Supervision, an der alle interessierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnehmen konnten. Es haben über 15 Personen daran teilgenommen. Entsprechend dem Bedarf werden weitere Team- und Einzel-Supervisionen und Workshops mit mir durchgeführt.
Das klingt sehr spannend und abwechslungsreich. Gibt es denn Besonderheiten bei der Arbeit mit Teams aus der Pflegebranche? Und mit welchen anderen Unternehmen, Organisationen oder Teams arbeiten Sie sonst noch?
Herr Sandau: Zur ersten Frage, das Besondere im ambulanten Pflegebereich ist aus meiner Sicht, dass es hierbei um direkten Körperkontakt zwischen den Mitarbeitenden und ihren Klienten geht. Es ist oft eine sehr körpernahe Tätigkeit, auf die man sich als Pfleger und Pflegerin einlassen können muss. Gleichzeitig ist es wichtig, sich ebenso davon abgrenzen und neutralisieren zu können. Denn als Pflegefachkraft in einem ambulanten Pflegedienst findet die Hauptarbeitszeit bei den Klienten in ihrem zu Hause, also in einem sehr persönlichen Umfeld statt. Dies ist eine sehr wichtige und wertvolle Aufgabe, sie kann mitunter aber auch herausfordernd sein.
Und zur zweiten Frage: meine weiteren Kunden sind aus dem psychosozialen, pädagogischen, kulturellen, Wirtschafts- und Dienstleistungs-Bereich, darunter z. B. Anbieter für Betreutes Wohnen, verschiedene Beratungsstellen, Hilfen zur Erziehung, Projekte der offenen Kinder- und Jugendarbeit, Kitas, Justizbereich bis hin zu Filmfestivals wie „MOVE IT!“ oder dem Landesverband Soziokulltur Sachsen als Projekte aus dem (sozio)kulturellen Bereich. Im Wirtschafts- und Dienstleistungsbereich war ich gemeinsam mit Kolleg*innen u.a. schon in Unternehmen wie BMW, Siemens und der AOK tätig.
Wow, da ist einiges an Referenzen zusammengekommen, wie es klingt. Wie lang sind Sie schon als Supervisor und Coach tätig?
Torsten Sandau: Ein ganze Weile – über 25 Jahre. Ich bin relativ schnell nach dem Studium der Psychologie als Freiberufler gestartet. Zu Beginn habe ich ein Forschungsprojekt im Bereich Entwicklungspsychologie mitentwickelt, konzipiert und auch durchgeführt. Es ging dabei um eine Längsschnittstudie unter dem Titel „Projekt Kinderwege“. Das habe ich ca. fünf Jahre begleitet. Ich wollte jedoch nach und nach mehr Praxis und Sinnerleben, mehr Gefühl für die Wirkung durch mein Tun. Also bot ich auf Basis meiner Expertise zunächst Trainings und Seminare an. Stück für Stück qualifizierte ich mich weiter und absolvierte die Ausbildungen als Supervisor, In- und Outdoor Trainer, Coach sowie zum Psychodrama-Leiter und -Ausbilder. Mein Schwerpunkt verlagerte sich dann auf Supervision, Coaching und Moderation von Workshops, Team- und Führungskräfteklausuren.
Das klingt tatsächlich nach einer sehr spannenden und abwechslungsreichen Reise. Können Sie Meilensteine benennen?
Torsten Sandau: (überlegt) Nun ja, ich war lange Zeit hauptsächlich im psychosozialen Bereich – also in Kitas, Beratungsstellen, Betreute Wohnprojekte, Justizbereich etc. – unterwegs und hatte dann das Bedürfnis nochmal woanders zu schauen. Der Wirtschafts- und Dienstleistungsbereich schienen mir interessant. Ich wollte mich auch gern einer bestehenden Gruppe, einem Netzwerk anschließen. So lernte ich Katrin Gühne von firm Training & Seminare aus Leipzig kennen und erlebte, wie Netzwerke funktionieren. Beim Netzwerken kommt oft eins zum anderen, so war es auch mit Katrin Gühne, fast wie kleine Wunder und Fügungen, die stets passieren. Denn inzwischen schauen wir auf eine jahrelange Zusammenarbeit zurück und viele gemeinsame Projekte, u.a. bei Siemens und BWM.
An diese Verbindung schloss sich ein nächster Meilenstein an: wir entwickelten gemeinsam eine Coachingausbildung. Zunächst beinhaltete diese sechs zweitägige Module. Inzwischen haben wir über die Deutsche Gesellschaft für Coaching eine Zertifizierung erhalten, die unsere Arbeit und diese Ausbildung wieder auf ein neues Level hob. Zwei Durchgänge sind bereits gelaufen, der dritte startet im Januar 2025. (Interessierte finden hier mehr Infos: https://www.firm-leipzig.de/coaching-ausbildung)
Ein anderer Meilenstein für mich war die Psychodrama-Ausbildung für Mitarbeiter*innen im Justizvollzug, welche ich gemeinsam mit meiner Kollegin Ina Wolf-Schumann von der Idee, über das Konzept, die Organisation und Durchführung bis hin zur Implementierung im Justizbereich initiierte und leitete. Es sind dabei tolle Projektideen und Gruppenangebote entstanden. Psychodrama-Elemente werden hier auch gut im Einzelsetting eingesetzt. Es war ein Kooperationsprojekt zwischen dem Sächsischen Staatsministerium für Justiz und dem Psychodrama Institut Leipzig. Es gibt bist heute jährlich stattfindende Praxisreflexionstreffen und eigenständige Treffen der Ausbildungsgruppe. Dieses Projekt ist ein riesen Erfolg und wir haben etwas entwickelt, was es in dieser Form noch nicht gibt.
Das sind einige Meilensteine! Was hat Ihnen auf diesem Weg geholfen oder Sie unterstützt immer weiterzugehen?
Torsten Sandau: Eine Vision zu haben! Also diese darf sich verändern, aber es geht darum überhaupt eine Vision zu haben. Und der Glaube daran, dass Dinge – ‚kleine und größere Wunder‘ – möglich sind, auch wenn man noch nicht weißt wie. Es braucht meiner Meinung nach die Offenheit für Begegnungen, eben für die ‚Wunder‘ im Leben. Und die Fähigkeit, dann auch wach zu sein und aktiv Schritte zu gehen sowie Entscheidungen zu treffen. Außerdem haben mir Durchhaltevermögen, Ausdauer, ‚ein langer Atem‘ geholfen. Ich denke, ich bin an den richtigen Stellen drangeblieben. Hinzukam Flexibilität, Kreativität und Offenheit dafür, dass sich die Form ändern kann. Ich glaube, wenn man seinen Weg Schritt für Schritt geht, werden sich die Dinge zeigen und man wächst und lernt dabei.
Das ist eine sehr schöne Einstellung. Heben Sie sich durch eben diese Einstellung vielleicht von anderen Kollegen ab? Oder was meinen Sie, ist Ihr USP, ihr Alleinstellungsmerkmal?
Torsten Sandau: Gut möglich. Vielleicht ist es auch mein inzwischen vorhandener praktischer Erfahrungsschatz, in Kombination mit dem theoretischen Wissen. Zudem die Vielfalt an Methoden, die ich anbieten kann sowie die Kombination aus In- und Outdoor Möglichkeiten. Und die Einbeziehung von Psychodrama – es wird nicht nur geredet, sondern auch gehandelt. Dabei nutze ich auch den Raum, beispielsweise bei der Thematisierung vom Gegenwarts-Ich und Zukunfts-Ich. Es geht um Bewegung, es wird etwas ‚auf die Bühne‘, in den Raum gebracht. Am Ende ist jeder Auftrag aber sehr individuell. Bei mir gibt es nichts von der Stange. Alles wird auf das Thema, die Person oder das Team und letztendlich den Auftrag abgestimmt. Deshalb ist mir die Auftragsklärung im Vorfeld auch sehr wichtig und sie ist wesentlich für alles Folgende.
Auch hierbei wird wieder Ihre Vielfalt deutlich. Haben Sie innerhalb all dieser Bereiche Lieblingsthemen? Oder anders: was liegt Ihnen bei dieser vielfältigen Tätigkeit besonders am Herzen?
Torsten Sandau: Mir ist wichtig, dass die verschiedenen Dinge, die ich tue, eine förderliche Wirkung haben, die auch nachhaltig ist. Ich möchte, dass für die Person, das Team oder Unternehmen danach irgendetwas besser ist. Dies kann auch eine andere Haltung sein: zum Beispiel klarer oder entspannter zu sein. Und mir ist wichtig, dass mein Tun zu einem Wachsen und Lernen beiträgt. Es geht mir um integrale Potenzialentfaltung. Dies meint die Verbindung von Professionalität, Erfolg, guten Werten, Sinnhaftigkeit, Freude, Gesundheit, Co-Creation. Die Potentialentfaltung beginnt bei der einzelnen Person, geht über zur Gruppe oder zum Team und sollte am Ende die gesamte Organisation betreffen. Im Grunde geht es mir am Ende um zufriedene, glückliche, wache und verantwortungsbewusste Menschen und darum, einen Beitrag zur Bewahrung und Verschönerung unserer Erde zu leisten.
Toll! Dies waren wirklich schöne und sehr aussagekräftige Schlussworte. Möchten Sie diesen noch etwas hinzufügen?
Torsten Sandau: Vielleicht kann ich noch einen Wunsch äußern?
Natürlich! Sehr gern!
Torsten Sandau: Ich wünsche mir, dass Supervision und Coaching selbstverständlich in Anspruch genommen werden. Es sollten normale Instrumente zur Reflexion, zum Lernen und Wachsen, zur Qualitätssicherung und Professionalisierung sowie zur Psychohygiene und Gesunderhaltung sein. Supervision und Coaching sollten bereits frühzeitig, also präventiv genutzt werden, nicht nur in ‚Krisen‘. Ich glaube, dann gibt es mehr zufriedene, erfolgreiche, gesunde Menschen, Teams, Unternehmen…
Bestimmt! Vielen Dank für Ihre Zeit und das wirklich sehr angenehme und persönliche Gespräch. Danke auch für die vielen Einblicke in Ihren Werdegang und die sehr inspirierende Geschichte!
Ihnen alles Gute und natürlich noch eine weiterhin sehr schöne Zusammenarbeit mit dem Calando Pflegedienst in Dresden!
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Weitere Infos über Torsten Sandau erhalten Sie über seine Website: www.torsten-sandau.de